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AutorenbildMaria Brader

Wer Oliven sät wird Arbeit ernten.

Olivenernte am Ölberg




Wem eine Woche Ostkirchenkunde-Vorlesung bei P. Nikodemus und Stephanus Athanasiou noch nicht genug Action war, hatte dieses Wochenende die perfekte Gelegenheit, sich noch einmal ordentlich auszupowern – beim Olivenpflücken. Die Schwestern des Altenheims Notre Dame des Douleures in Abu Dis hatten angefragt, ob wir ihnen nicht bei der Ernte ihrer fünfzig Olivenbäume helfen könnten. Also starteten wir frühmorgens, ausgerüstet mit Wasserflaschen und Sonnenhüten in Richtung Ölberg.


Dort werden wir von Sr. Rose empfangen, ihres Zeichens Ordensfrau bei den Kleinen Schwestern Jesu und Altenheimbewohnerin. Seit fast 55 Jahren sei sie im Land, so erzählt sie, und 50 Jahre davon hatte sie an der 6. Station der Via Dolorosa gearbeitet, im Veronikahaus. In ihrer Jugend habe sie ganz Deutschland bewandert, um mit Pax Christi ein Zeichen für den Frieden zu setzen, und als sie dann hier nach Jerusalem gekommen ist, hat sie sich besonders für Palästinenser*innen stark gemacht.


Die anderen Heimbewohner*innen, die an uns vorbeischlendern und uns teilweise neugierige Blicke zuwerfen, begrüßt Schwester Rose auf Französisch, die Sprache der Fraternität hier, oder auch auf Arabisch oder Englisch. Viele der Ordensleute hier sprechen mindestens drei Sprachen – fast eine Notwendigkeit, in einem so viel bepilgerten Land.

Schließlich weist Sr. Rose uns den Weg zur Kapelle. Vor der Olivenernte dürfen wir noch am Gottesdienst teilnehmen, der natürlich auf Französisch gehalten wird.

Danach geht es in den weitläufigen Garten hinter dem Gebäude. Eine der Schwestern weist uns in die Tätigkeit ein: Pflücken, schütteln, aufheben, repeat.


(Einer der Bäume wurde stark zusammengeschnitten - so können wir auch mal gemütlich im Schatten sitzen und Oliven klauben.)


Der Vormittag vergeht schnell – nach einer knappen Stunde lassen die Arme schon nach, aber das gemeinsame Plaudern und Singen lässt die Zeit schnell vergehen. Wir kommen ins Gespräch mit einigen der Voluntärinnen, die hier im Altenheim ein paar Wochen oder Monate verbringen. Morgens helfen sie bei den Klient*innen, erzählen sie, danach geht es zur Olivenernte. Diese wird, so ihre Schätzungen, noch mindestens drei Wochen dauern. Und tatsächlich: Die Kübel füllen sich erst quälend langsam. Doch dann haben wir alle unsere Olivenpflück-Techniken optimiert und schließlich perfektioniert: Die eine sitzt in der obersten Krone des Baumes, wo die größten Oliven wachsen, der andere hängt wie ein Faultier kopfüber am Ast, die Dritte sammelt mit beiden Händen gleichzeitig vom Boden auf (und streichelt dabei die jungen Katzen, die um unsere Aufmerksamkeit wetteifern).



Endlich schlägt es Mittag – wir lassen alles liegen, klopfen den ärgsten Staub von unseren Kleidern und sausen in die Küche, um uns die Hände zu waschen. Dann gehen wir in den Speisesaal, und langsam trudeln alle ein und wuseln zu ihren Plätzen. Die Korken werden gezogen und der Wein ausgeschenkt, die Suppe ausgeteilt, Pita und Hummus auf den Tisch gestellt. Erste Bekanntschaften werden geschlossen – eine der Schwestern spricht Deutsch, eine andere Spanisch, hie und da fällt ein Wort Italienisch, und die jungen Voluntärinnen sprechen gut Englisch. Es ist fast so, also hätte sich ganz Europa an einem Tisch versammelt, in einem bunten Sprachenkuddelmuddel.

Es ist ein wirklich herzliches Willkommen – ein Festmahl zum Anlass der gemeinsamen Olivenernte, und das, obwohl wir nur einen Tag aushelfen. Dabei herrscht eine ausgelassene Stimmung. Die Schwestern, teils selbst schon sehr betagt, necken sich gegenseitig, versuchen, uns Wein nachzuschenken, und man merkt, dass sie einander liebevoll zugetan sind.

Nach dem Essen muss natürlich ein Foto geschossen werden – die ganze Tischgemeinschaft macht sich auf in den Innenhof. Danach können wir uns einer Tour durch das Heim fast nicht erwehren. Doch es gibt noch viel zu tun und wir versprechen, ein anderes Mal wieder zu kommen.



Und so schnappen wir uns unsere Körbe, um die wenigen übrigen Nachmittagsstunden noch zu nutzen und unseren Ehrgeiz noch zu stillen: Einen Baum wollen wir schon schaffen, an diesem Tag, diesen einen Baum von fünfzig.



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